NIEDERSCHLÄGE
Jahresniederschläge
Die jährlichen Niederschlägsmengen in Österreich
haben sich während der 140 Jahre kaum verändert (Abb. 1). Zwar treten von Jahr zu Jahr große Schwankungen auf,
allerdings ist
kein Langzeittrend erkennbar. Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts
war niederschlagsreicher, die zweite Hälfte niederschlagsärmer. Im
frühen 21. Jahrhundert nahmen die Niederschläge wieder zu. Ähnliche
Mittelfrist-Schwankungen ereigneten sich bereits im 19. Jahrhundert,
wobei die erste Hälfte feucht und die zweite Hälfte trocken war. So
trockente in den
1860er-Jahren der Neusiedlersee einige Jahre hindurch völlig aus. Am niederschlagsreichsten war das Jahr 1816, am
trockensten das Jahr 1834.
Abbildung 1: Entwicklung der jährlichen Niederschlagssumme in Österreich 1813–2016 (ergänzt durch Daten aus dem nordöstlichen Alpenraum 1800–1812). Quelle: ZAMG.
Wenn
man einzelne Regionen Österreichs betrachtet, gibt es im Zeitraum der
vergangenen 150 Jahre durchaus Niederschlagstrends, die sich jedoch
stark voneinander unterscheiden und sogar gegenläufig ausfallen. Der
Alpenbogen wirkt hier als meteorologische Trennungslinie. In
Westösterreich (Vorarlberg, Nordtirol) nahm
laut ZAMG der Niederschlag zu, während er im Südosten Österreichs
(Unterkärnten, West- und Oststeiermark, Südburgenland) abnahm. Im großen
Rest Österreichs sind Niederschlagszu- bzw. -abnahmen weniger auffällig
ausgeprägt (Abb. 2).
Abbildung 2: Entwicklung der jährlichen Niederschlagssumme im Westen (blau), Norden (grün), Südosten (rot) und im inneralpinen Bereich (orange) Österreichs 1813/58–2016. Quelle: ZAMG.
Der klimatische Antrieb der starken von Jahr zu
Jahr auftretenden Schwankungen ist noch immer schlecht verstanden.
Während der warmen Jahreshälfte übt die
Nordatlantische Oszillation (NAO) einen spürbaren Einfluss auf die
Niederschlagsmengen in Österreich aus. Veränderungen der Regenfälle im
Monat Mai scheinen an den 11-Jahreszyklus der schwankenden
Sonnenaktivität
gekoppelt zu sein.
Detaillierte Niederschlagswerte für Österreich auf
Monats-, Jahreszeiten- und Jahresbasis ab 1961 gibt es beim
ZAMG-Klimamonitoring (allerdings ohne Download-Möglichkeit). Wer
sich Monats- und Jahresniederschlagswerte ab 1901 für Gesamt-Österreich
als Tabelle herunterladen möchte, kann dies bei der
Weltbank und der
Climate Research Unit (CRU) tun.
Homogenisierte monatliche Niederschlagsdaten der letzten 150 Jahre
einzelner österreichischer Wetterstationen stehen bei
HISTALP
zum Download bereit.
Die Niederschläge in Österreich unterlagen in den letzten Jahrhunderten und Jahrtausenden stets starken Schwankungen, wie z.B. Niederschlagsrekonstruktionen für das letzte Millennium aus der benachbarten Ost-Schweiz belegen.
Starkniederschläge und Hochwasser
Laut dem 4. Österreichischen Sachstandsberichts
Klimawandel 2014 (AAR14), gibt es in Österreich keinen landesweiten
Trend bei der Entwicklung der Starkniederschläge (AAR14,
Kapitel 3, S. 277-280). Vielmehr wurde ein „buntes Patchwork“ von
steigenden und fallenden Trends gefunden, „die allerdings überwiegend
nicht signifikant sind“. Zitat aus dem AAR14: „Es
gab somit in dem Zeitraum überwiegend anthropogener Erwärmung in
Österreich keine einheitliche und keine signifikante Reaktion bezüglich
der Intensität der eintägigen und auch der fünftägigen
Starkregenereignisse, die sich in diesem Datensatz widerspiegelt.“
Zu einem ähnlichen Fazit kommt die
ZAMG: „Die objektive
Auswertung der lang zurückreichenden und qualitätsgeprüften Messdaten
spricht also auch beim Niederschlag gegen extremere Bedingungen.
Tatsächlich überwiegt im gesamten Alpenraum ein Trend zu ruhigeren
Niederschlagsverhältnissen.“
Auch im längsten Fluss Österreichs findet sich kein
Hinweis auf extremere Hochwasserbedingungen während der letzten 150
Jahre. Die zu Überschwemmungen führenden Durchflussmengen von 7.000 m³/s
und mehr zeigen
laut ZAMG keine Steigerung und auch die absolut extremsten
Donauhochwasser (1899, 2002, 1862, 1954, 1991, 1897) sind gleichmäßig
auf die letzten beiden Jahrhunderte verteilt. Die
ZAMG gibt zudem zu bedenken: „Hält
man sich an das Fachwissen von Hydrologen, wirkt heute ein vom Menschen
verursachter Faktor, der nichts mit dem Klima zu tun hat, viel
entscheidender auf das Ausmaß von Hochwassern. Zahlreiche Begradigungen
haben die Flussläufe verkürzt, durch Dämme wurden sie von ihren
natürlichen Überschwemmungszonen abgeschnitten.“
Studien zeigen, dass Hochwasser in Mitteleuropa in den vergangenen
500 Jahren
nicht häufiger geworden zu sein scheinen. Dasselbe
gilt auch auf Europa-Gesamtebene und die letzten 50 Jahre.
Eine vernünftige Einordnung des heutigen Klimas
kann nur im Kontext der Klimageschichte der letzten Jahrhunderte und
Jahrtausende erfolgen, die äußerst variable war, wie eine Studie aus dem
Jahr 2013 exemplarisch zeigt. Ein
Forscherteam um Tina Swierczynski untersuchte Sedimentablagerungen
des oberösterreichischen Mondsees und identifizierten mithilfe von
groben Sedimentlagen die Entwicklung von Überschwemmungsphasen während
derer durch Starkregen im Frühling und Sommer die Flüsse der Region über
die Ufer traten. Das geologische Archiv reicht mehr als 7000 Jahre
zurück. Insgesamt fanden die Wissenschaftler 271 Flutereignisse, die
sich während 18 flutreicher Phasen ereigneten, die jeweils 30-50 Jahre
andauerten. Die bedeutendsten dieser Phasen gab es im Neolithikum
(7100-7050 und 6470-4450 Jahre vor heute), in der späten Bronzezeit und
der frühen Eisenzeit (3300-3250 und 2800-2750 Jahre vor heute), in der
späten Eisenzeit (2050-2000 Jahre vor heute), während der Kältephase der
Völkerwanderungszeit (1500-1200 Jahre vor heute), gegen Ende der
Mittelalterlichen Wärmeperiode sowie während der Kleinen Eiszeit
(810-430 Jahre vor heute). Sommer-Fluten sind im untersuchten Mondsee in
den letzten 1500 Jahren häufiger geworden, fanden die Forscher.
Insbesondere zu Zeiten als die Alpengletscher auf dem Vormarsch waren,
steigerten sich die Überflutungen.
Abbildung 3: Flutgeschichte des Mondsees in Oberösterreich während der vergangenen 7000 Jahre. Blaue Balken zeigen Phasen mit vielen Überschwemmungen an. Quelle: Swierczynski et al. 2013